Eine Video-Reportage aus Berlin von Guido Walter und Helge Stroemer mit den Künstlerinnen Yvon Chabrowski und Anna Nezhnaya sowie den Künstlern Dennis Rudolph und Andy Kassier, kunstStory im Oktober 2020.
Wir trafen die Künstler*Innen auf der Kunstmesse Positions Berlin Art Fair, im Atelier und neben einer Baustelle an der Karl-Marx-Allee in Berlin.
Das Internet trägt in der Corona-Pandemie zur Demokratisierung des Kunstmarkts bei. Ausstellungen finden online statt, Kooperationen werden über soziale Medien geschlossen. Künstler, die in den
großen Galerien nicht vorkommen, schaffen sich neue Zugänge.
Die Coronoa-Pandemie hat die digitale Transformation des Kunstmarkts vorangetrieben. Lange geplante Ausstellungen wurden gecancelt, Stipendien gekürzt, Vernissagen abgesagt. Gerade junge oder
weniger bekannte Künstler, die ständig auf der Suche nach Künstlerstipendien und erschwinglichen Ateliers sind, traf die Krise auf den ersten Blick hart: Die Konzept-Künstlerin Yvon Chabrowski
etwa musste die Italienreise, die Teil ihres Stipendiums der Deutschen Akademie Rom /Villa Massimo war, absagen. „Die Pandemie hat genau dann eingesetzt, als ich losfahren wollte“, sagt
Chabrowski. „Das hat meine ganzen Pläne umgeschmissen.“
Doch in der Not haben viele Künstler an neuen Formen gearbeitet, um auf sich und ihre Arbeit aufmerksam zu machen – über das Internet. Wie Yvon Chabrowski, die seit Jahren mit digitalen Medien
arbeitet, oder die in Berlin lebende Malerin Anna Nezhnaya, die soziale Medien wie Instagram nutzt, um ihre Followerbasis auszubauen und um Kooperationen mit anderen Künstlern für gemeinsame
Online-Austellungen voranzutreiben.
Im Vorteil sind Künstler, deren Arbeiten einen Bezug zur Pandemie haben. So stellen auch die Anzüge von Andy Kassier in den Hanz Studios am Straußberger Platz in Berlin einen ironischen Kommentar
zu Corona und Home Office dar. „Es sind Anzüge, aber ohne Hosen“, sagt Andy Kassier. „Denn die braucht man während eines Videos-Calls bei Zoom nicht.“ Der 31-jährige Konzeptkünstler und Fotograf
hat die Corona-Monate dazu genutzt, einen fiktiven Charakter zu erschaffen. Einen Erfolgstypen im weißen Dress, der einen Burnout bekommt und dann beginnt, Palmen zu malen. Auf dem Kopf. Weil
auch die Welt seit Corona auf dem Kopf steht.
Rückenwind spürt auch der aus Stuttgart stammende Künstler Wolfgang Ganter. Er arbeitet mit Bakterienkulturen, „ impft“ Fotografien klassischer Gemälde mit Bakterien, die sich dann von den
Gelatineschichten des fotografischen Films ernähren und unterschiedliche Formen und Muster hervorbringen. „Bei mir lief es sogar noch besser, weil Viren und Bakterien so ein großes Thema waren“,
sagt Ganter.
Der Berliner Künstler Dennis Rudolph ist überzeugt, dass die Digitalisierung durch die Pandemie einen Schub bekommen hat und auch die Arbeit der Künstler beeinflusst. Rudolph, der in einer
virtuellen Umgebung mit einer VR-Brille auf dem Kopf malt, druckt er als Objekte mit dem 3D-Drucker aus, er hat während des Lockdowns viel Zeit vor dem Fernseher verbracht – die Bilder aus den
Medien haben seine Arbeit politischer gemacht, wie Rudolph sagt. „Was sich vor der Krise angedeutet hat, ist auf einmal wie in einem Relief verstärkt hervortreten, wie die Auflösung der EU oder
das Wiedereinführen der Grenzkontrollen.“
Der in der Ukraine geborene, deutsch-stämmige Künstler Minor Alexander dagegen hat während der Pandemie zurück zur Natur gefunden. „Ich war sehr häufig im Wald spazieren und habe eine große
Stille vorgefunden", sagt Minor Alexander. „Sogar die Tiere waren ruhiger als sonst.“
Die Interviews führten wir im Oktober 2020.
kunstStory