Vielleicht liegt es daran, weil er das Unsichtbare sichtbar macht, die Angreifer aus dem Mikrokosmos, die seit Corona den Menschen soviel Angst machen. Ganter geht das Thema eher humoristisch an, und dieser spielerische Umgang kommt an. „Jetzt schreien alle, wie grausam Bakterien und Viren sind, dabei haben sie die Menschheit seit jeher begleitet, selbst in unserer DNA sind Viren mit eingebunden. Jeder Mensch hat vier Kilo Bakterien jeder Mensch in seinem Darm.“
Für die Zukunft hat er ein ganz bestimmtes Bakterium im Blick. „Das wächst wirklich wie ein Wirbelsturm, sehr spektakulär.“ Für seine Arbeit benutzt er übrigens besonders gern Orwo-Film, der in
der DDR der Standardfilm für Fotografien war. „Den habe ich sehr gern, weil da keine antibakteriellen Wirkstoffe drin sind. Man setzt die Bakterien drauf und die fangen sofort an zu
futtern.“
Foto: Wolfgang Ganter
Seit dem Lockdown im Frühling spürt der aus Stuttgart stammende und in Berlin arbeitende Künstler Wolfgang Ganter Rückenwind. Er arbeitet mit Bakterienkulturen, „impft“ die Fotografien von
klassischen Gemälden mit Bakterien, die sich dann von den Gelatineschichten des fotografischen Films ernähren und unterschiedliche Formen und Muster hervorbringen. „Bei mir lief es sogar noch
besser als vor der Krise, weil Viren und Bakterien plötzlich so ein großes Thema waren“, sagt Ganter.
Er hat die Zeit genutzt, um sich noch mehr auf die eigene Arbeit zu konzentrieren. „Auf Vernissagen zu gehen, Leute kennenlernen und Socialising, das ist mir eher lästig“, gibt Ganter zu. Er
arbeitet zwar seit 15 Jahren mit Bakterien, und hätte nicht geahnt, dass seine Arbeit einmal so in den Zeitgeist passen würde wie im Moment.
Ein Künstlerporträt von Guido Walter (Text) und Helge Stroemer (Video, Foto). Das Interview führten wir am 2.10.2020 in den Uferstudios, Berlin.